Nur eine Nacht im charmanten Hotel Zum Oberjäger verbracht – und so viele Fotos?
Hm. Ja! Denn es gibt in diesem mittelburgenländischen Schatzkästchen einfach so viel
zu entdecken und sehen. Und zu fotografieren...
An einem Spätsommer-Freitag-Nachmittag checke ich ein im kleinen Boutiquehotel Zum Oberjäger im mittelburgenländischen Lackenbach und obwohl ich hier nicht an einer Rezeption einchecke, sondern einen Self-Check-in im Pförtnerhäuschen mache, fühle ich mich gleich sehr willkommen: Denn im Pförtnerhäuschen wartet nicht nur mein Schlüssel auf mich, sondern auch ein netter Willkommensbrief mit allen Infos. Und dann begebe ich mich auf die Suche nach meinem Zimmer, was sich fast ein wenig nach Schatzsuche anfühlt. Und das ist ja auch gar nicht so absurd in diesem Ambiente, denn schließiich ist das Hotel im Schloss Lackenbach beheimatet. Da geht es also zum großen Schlosstor, der Chip am Schlüssel funktioniert und schon bin ich drinnen, am weitläufigen Schlossgelände...
Ein schneller Blick auf den Lageplan, der ebenfalls im Willkommenskuvert war – aha, ich wohne nicht im Westflügel des Schloss, sondern im (2018) liebevoll renovierten Wohnhaus des ehemaligen fürstlichen Oberjägers der Domäne Esterházy. Werden mich da im meinem Zimmer lauter Krickerl an den Wänden erwarten? Bloss nicht! Aber nein, der Oberjäger scheint auch ein Herz für zarte, filigrane, schillernde Tierchen gehabt zu haben, denn ich lande im Libellenzimmer ...
Einen kurzen Moment bin ich ein bisschen enttäuscht: Denn ich mag farbenfrohe Zimmer, spannende, ungewöhnliche Farbkombinationen, gerade beim Urlaubswohnen, probiere da gerne etwas aus, was komplett konträr zu meinem privaten Wohnen ist – und dieses Zimmer ist in Weiß-, Creme- und Beige-Tönen gehalten. Aber schon nach wenigen Minuten bin ich verliebt in mein Zimmer: Wie beruhigend für das Auge, die hellen Holzböden, der helle Grundton des Zimmers. Und wie gut sich das dunkelblaue Samt-Sofa, die blumigen Pölster darauf und das zarte Mintgrün des Tagesdecke dadurch in Szene setzen. Ok, dieses Zimmer gebe ich nicht mehr her... Und das Bett schon überhaupt nicht: Denn es liegt sich nicht nur sensationell bequem darin (und zwar wirklich sensationell!!), sondern es ist auch noch dazu riesig groß. Und gehört heute Nacht nur mir. Ich werde daher die volle Breite ausnützen und querliegen, ach was, rotieren wie Hubschrauber-Rotorblätter werde ich in diesem Riesenbett und es wird herrlich werden... War es dann übrigens auch, denn zudem herrscht rund um das ehemalige Oberjäger-Wohnhaus absolute Nachtstille. Übrigens, noch etwas haben alle Zimmer und Suiten neben der absoluten Ruhelage gemeinsam: Keines gleicht dem anderen, jedes widmet sich einem anderen Thema. Und so geben jeweils Schmetterlinge, Bienen, Vögel, Rosen oder Kirschen den Ton an; moderne Elemente finden sich neben historischen Möbelstücken, jeder Raum ist auf seine Weise einzigartig. Eine charmante Herangehensweise, wie ich finde, für die das bekannte Design Studio POLKA verantwortlich zeichnet. Chapeau!
Morgens mache ich dann die Fensterflügel weit auf, draußen singen die Vögel und diese wunderbare Spätsommer-Wärme strömt herein. Erste Reihe fußfrei stehe ich da, mit Ausblick auf das Arboretum und das Schlossgebäude. Da könnte ich glatt noch länger stehen bleiben...
Tue ich dann aber doch nicht, sondern nehme das Schlossgebäude, in dem sich ebenfalls Zimmer bzw. Suiten befinden, ein bisschen genauer unter die Lupe. Auf eine lange Geschichte blickt das Schloss Lackenbach zurück, erstmals erwähnt wird es 1553, in einem Kaufvertrag. Knapp 60 Jahre später gelangte das Anwesen in den Besitz von Graf Nikolaus Esterházy, das Schloss blieb dann bis 1628 Hauptresidenz der Esterházy und ist bis heute in deren Besitz. 1620 hatte hier eine auch eine bedeutsame Schlacht (Schlacht von Lackenbach) stattgefunden, die kaiserlichen Truppen hatten gegen einen siebenbürgischen Fürsten gekämpft – und man kann sich dies heute gar nicht mehr so recht vorstellen, so friedlich ist dieser Ort. Außer dem Surren der Bienen, die genug Futter finden auf dem pflanzenreichen Areal, und dem Gezwitscher der Vögel, ist hier nichts zu hören. Bis auf das Knirschen von Schritten am Kies, die anderen Gäste schlendern Richtung "Grüner Salon", zum Frühstück im Schlossgebäude. Und das ist eine ausgezeichnete Idee...
Hell, groß – und sehr grün. Der "Grüne Salon" wird seinem Namen gerecht, denn Grüntöne in unterschiedlichen Nuancen dominieren diesen Raum. Er hatte schon der verstorbenen Fürstin Melinda Esterházy als Wohnzimmer gedient. Und Wohn- und Frühstückssalon ist er auch heute. Denn hier kann man sich mit einem Buch einen bequemen Sessel suchen oder abends ein Glas Wein trinken, am besten einen Blaufränkischen, denn das Mittelburgenland ist Blaufränkisch-Land. Was man hier auf jeden Fall macht, wenn man im Hotel Zum Oberjäger zu Gast ist: Frühstücken! Und das besonders gut, wie ich bald feststelle.
Buffet erwartet einen hier keines, dafür ein Frühstücksmenü in 5 Gängen. Wenn Sie von etwas mehr wollen, geben Sie bitte einfach Bescheid, sagt die sympathische junge Frau, die das Service verantwortet. Aber mehr wollen wir gar nicht, denn es ist vollkommen ausreichend – und köstlich. Wir, das sind übrigens ich und ein Freund, der in der Gegend ein Ferienhaus hat und den ich spontan zum gemeinsamen Start in den Tag eingeladen habe, nachdem ich auf der Website gelesen habe, dass auch Nicht-Hotelgäste hier gern gesehen sind beim Frühstück (29 Euro, der Preis für externe Gäste). Meine Highlights des Frühstücksmenüs sind übrigens der großartige Frucht-Shot und das "Dessert", ein Stück Marillenkuchen, das quasi auf der Zunge zergeht, so flaumig-leicht kommt es daher – aber auch alles andere, darunter das Joghurt, die Ei-Speise nach Wahl und der üppig gestaltete Teller mit Schinken- und Käsesorten, Aufstrichen und Gemüse aus dem eigenen Schlossgarten, lässt uns mit einem glücklichen Lächeln im Gesicht in den Tag starten.
Kulinarischen Genüssen kann man sich übrigens auch im Kochsalon im ehemaligen Wohnhaus des fürstlichen Oberjägers hingeben, nämlich im Kochsalon. Werden die sechs Zimmer im Gästehaus exklusiv gebucht, dann steht dieser den Gästen untentgeltlich zur Verfügung. Und während ich zwischen Küchenblock, Küchenzeile und den beeindruckenden Gemälden mit den vermutlichen fürstlichen Hunden herumwandere und meinen Blick durch das große Fenster hin zur Holzsauna im Garten wandern lassen, stelle ich mir kurz vor, wie das wäre, hier mit Freunden gemeinsam zu kochen, an der langen Tafel zu sitzen, einen guten Wein zu trinken... (Großartig nämlich!).
Aber vorerst braucht es nach dem ausgiebigen Frühstück einen Verdauungsspaziergang. Und dafür bietet sich das Schlossareal geradezu an. Keinesfalls versäumen sollte man einen kleinen Spaziergang durch den wunderschönen Schlossgarten, wo neben einer üppigen Trauerweide, durch die die Sonne kaum ihr Licht zu schicken vermag, gemütliche Schaukelstühle und Liegen warten. Form follows function, sie sehen nicht nur toll aus, sondern es sitzt sich auch ausgesprochen gut darin. Und hätte ich nicht schon andere Pläne für den Tag, dann würde ich es hier wohl mit einem Roman stundenlang in der herrlich milden Spätsommersonne aushalten...
Auch noch gut zu wissen: Weinbegeisterte und hier vor allem Rotwein-Fans sind im Mittelburgenland genau richtig, denn die Region – zwischen Deutschkreutz, Horitschon, Lutzmannsburg, Neckenmarkt und Raiding – ist bekannt für seinen exzellenten, tiefdunklen-rubinroten Blaufränkischen. Und nicht umsonst findet man hier bekannte Weingüter wie z. B. Artner, Gesellmann, Hans Igler oder Silvia Heinrich, neben vielen anderen hervorragenden Winzern. Wer mehr zum Thema Wein erfahren will, der kann sich spannende Infos auf dem 2,2 km langen Blaufränkischweg holen und wird überdies auf einer Aussichtstreppe mitten in den Weingärten mit einem 360-Grad-Ausblick belohnt. Lohnend ist auch ein Abstecher in die Gebietsvinothek in Deutschkreuz. Auch in Sachen Kultur kommt man in der Region nicht zu kurz: Da bieten sich das Sommertheater im Schloss Kobersdorf, ein Besuch der Ruine Landsee (mit großartigem Ausblick!) oder des Geburtsthauses von Franz Liszt in Raiding an. Und nicht zuletzt lohnt natürlich auch ein Besuch des Museums im Schloss Lackenbach, das thematisch "der Natur auf der Spur" ist: Hier erfährt man Interessantes zu Flora und Fauna der Region sowie zum Thema Jagd.
Hotel Zum Oberjäger
www.oberjäger.at
Schloss 1 I 7322 Lackenbach, Österreich
E-Mail: reservierung@oberjaeger.at