Badeurlaub in Triest? Wirklich? Ja, antworte ich dann meinen Freunden. Zumindest ein kurzer, am liebsten gegen Sommerende hin, Anfang oder Mitte September. Wenn die Sonne sich mit letzter Kraft noch mal so richtig ins Zeug legt, die Triestiner die Uferpromenade von Barcola zwischen dem Schloss Miramare und dem Stadtzentrum bevölkern und sie die Gewissheit, dass der Sommer sich nun unwiderruflich bald dem Ende zuneigt, ganz weit weg schieben…
Ein Strand direkt vor der Hoteltüre, das ist in Triest, der Hauptstadt der Region Friaul-Julisch Venetien im Nordosten Italiens, bekanntermaßen eher Mangelware, mit ein paar Ausnahmen. Glücklich wer im Tre Merli Beach Hotel ein Zimmer und damit auch eine Liege am kleinen Hotelstrand ergattert. Mehr Zimmer und mehr Strand gibt es im Hotel Riviera & Maximilian`s, ebenfalls Meeresblick und unmittelbaren Zugang dazu hat man im Adults Only Hotel Miramare. Wer in keinem dieser Hotels eincheckt, der muss sich einen anderen Badeplatz finden. Und derer gibt es eigentlich viele in Triest und Umgebung …
Bagno da Sticco
Erst jüngst entdeckt und schon bin ich ein Fan davon: Die Rede ist vom Bagno da Sticco kurz vor dem Schloss Miramare, 1955 von Antonio Sticco gegründet. Knapp dahinter beginnt übrigens das WWF-Meeresschutzgebiet, man profitiert in dieser Badeanstalt also auch von der guten Wasserqualität, Schnorchler sind hier gerne angesichts der schönen Fauna und Flora unterwegs. An Wochenendtagen sind hier die Triestiner eindeutig in der Überzahl, man kennt sich, man plaudert, man grüßt sich über die Liegen hinweg laut zu – Triestiner Strandleben vom Feinsten. Tiefbraun sind die meisten Gäste und man ahnt, wo sie den Sommer verbracht haben, nämlich genau hier. Ganz billig ist die Sache nicht, wir zahlen 18 Euro pro Person und Liege, Sonnenschirm ist da keiner dabei. Aber nicht umsonst gilt das Bad auch als eines der schicksten in Triest. Theoretisch hätten wir uns auch einen Platz unter der breiten Pergola nehmen können, theoretisch, denn diese Plätze waren an einem Sonntag Ende August bereits allesamt ausreserviert. Aber auch so war es ein feiner Badetag, die Sonne gab noch mal ihr bestes, das Meer lockte mit angenehmen 24 Grad, türkisblau und klar, und das Mittagessen im kleinen Ristorante war tadellos. Der Blick auf Triest am anderen Ende der Bucht übrigens auch…
V.le Miramare, 90, 34136 Trieste
Bagno Ausonia
Zumindest von außen musste ich es mir im Sommer 2021 endlich mal ansehen: Das „stabilmento balneare“ Bagno Ausonia, eine historische Badeanstalt und vor allem eine Triestiner Institution, am Ende der Rive hinter dem kleinen Segelhafen „Sacchetta“ gelegen und gleich neben der Verladestation der Frachtenfähre nach Istanbul. Obwohl in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts errichtet, mutet es von seiner Bauweise fast ein wenig futuristisch an: Komplett auf Stelzen im Meer erbaut bietet es auf seinen Terrassen Platz für rund 2.000 Badegäste und Liegeflächen, Meerwasserbecken für Kinder, schwimmende Plattformen, Sprungbretter, ein Solarium, Massagebereiche, Restaurants, etc.. Tanzkurse finden hier ebenso statt wie Gymnastik- und Yogastunden, abends locken die Triestiner oft Live-Musik oder DJ-Auftritte ins Ausonia. Einen Kiessstrand gibt es übrigens auch. Und eine separate Sonnenterrasse für Frauen, die eine nahtlose Bräune garantiert, sowie eine Leseecke, in Kooperation mit der Bücherei von Triest. Wir beäugen die Anlage nur von außen, nicht viel los ist an diesem Montag, was allerdings daran liegt, dass das Badewetter gerade eine klitzekleine Pause einlegt..
Riva Traiana, 2, 34123 Trieste
Bagno Marino La Lanterna (El Pedocin)
Nur einen kleinen Schlenkerer entfernt liegt das Bagno marino La Lanterna, von den Triestinern aber vor allem kurz „El Pedocin“ genannt. Das muss ich mir noch ansehen, denn immerhin ist es angeblich eine der letzten nach Geschlechtern getrennten Badeanstalten Europas, zumindest behaupten das die Triestiner. Links am Kiesstrand die Frauen, dann eine hohe, weiß angefärbelte Mauer, die weit ins Meer hineinragt, rechts davon die Männer. So lauten hier die Regeln und das schon seit 1903, nur Kinder unter 12 Jahren dürfen zwischen Mama und Papa zwischen den Bereichen hin und her flitzen. Willst du es dir ansehen, sagt der junge Bademeister, der im Eingangsbereich ein bisschen gelangweilt nach Kundschaft Ausschau hält. Darf ich? Ja, klar, sagt er und deutet mir: Maske rauf! Und dann stehe ich schon drinnen im Frauenbereich: Ein großer Kiesstrand, ein paar wenige Frauen liegen hingegossen auf ihren Handtüchern, Optimistinnen denke ich, denn Badewetter ist heute keines. Pedocin bedeutet übrigens auf Deutsch „Floh“ und angeblich hatten die Soldaten der K&K-Armee den Strand, der unweit des Leuchtturms beim Yachthafen liegt, dazu genutzt, um lästige Flöhe loszuwerden ... Der Eintrittspreis ist mit nur einem Euro übrigens mehr als symbolisch.
Bagno Marino La Lanterna, Molo Fratelli Bandiera, 3
Uferpromenade von Barcola
Hier ist im Hochsommer kein einziger Parkplatz mehr zu bekommen: An der Riviera von Barcola, der Uferpromenade entlang der Straße Richtung Miramare. Und auch im Schatten der Pinienwäldchen ist kaum mehr ein Platz zu finden, wenn man nicht früh genug dran ist. Von flirtwilligen jungen Triestinerinnen und Triestinern bis hin zu Großfamilien mit Nonna und Nonno, hier finden sich bunt gemischt alle ein, die das Meer und ein Bad darin lieben. Wer Ruhe sucht, na ja, der ist hier vielleicht nicht so gut aufgehoben: Denn hier wird Fußball gespielt, genauso wie Boccia oder andere Ballspiele, Yogaklassen finden hier auch immer wieder statt. Pralles italienisches Strandleben, wie ich es liebe. Zwischendurch stärkt man sich in einem der vielen Kioske. Wer also auf Nummer sicher gehen will, um ein schönes Plätzchen in der Pineta zu ergattern, der kommt sehr früh oder, falls doch später dran, besser mit dem Bus (Buslinie Nr. 6).
I topolini
Ich liebe diesen Namen: Topolini! Verpasst wurde diesem Abschnitt der Uferpromenade von Barcola der Name deshalb, weil die kreisrunden Sonnenterrassen-Vorsprünge, unter denen sich öffentliche Umkleidekabinen, Toiletten und Duschen befinden, an die Ohren von Mickey Mouse erinnern. Praktisch sind diese Einrichtungen und werden von den Triestinern auch entsprechend genutzt. Wie hierher in den Sommermonaten sowieso tagsüber das gesamte Leben verlagert wird: Da wird mit Liege, Kühltasche, Freunden, Kind und Kegel angerückt und ein herrlicher, langer Strandtag verbracht. Und wenn der Hunger größer ist als die Kühltasche hergibt, dann wird dieser eben an einem der vielen Kioske, die in größeren Abständen an der Uferpromenade zu finden sind, oder in den kleinen Restaurants und Cafès auf der gegenüberliegenden Seite der Straße gestillt.
Und es gibt natürlich noch jede Menge weitere Bademöglichkeiten: Z. B. hinter dem Schloss Miramare, in der Badeanstalt Grignano 1 – Sirena, das auch über zwei kleine Schwimmbecken verfügt. Den Strand erreicht man auch zu Fuß, über einen schmalen Weg, der zum Segelhafen Grignano führt. Zwei weitere Badeanstalten – Grignano 2/Rivera bzw. Le Ginestre – liegen noch ein bisschen weiter hinter dem Schloss. Während im Bagno Riviera das Wasser eher sandig ist, findet man in Le Ginestre grüne Pinien an kristallklarem Wasser, vor einer beeindruckenden Steilküste.
Wildbaden ist natürlich auch möglich an dieser Küste: Wer die Küstenstraße entlang fährt, sieht bald das Ristorante Tenda Rossa. Gehfaul darf man nicht sein, von dort führt ein schmaler Fußweg hinunter zu einem schönen Strand und zum kleinen Hafen von Santa Croce – und dem verdienten Sprung ins kühle Nass.