• Bologna. Unsere Stadt. (II)
    Emilia-Romagna I Italien

November 2024

Eine schöne Altstadt mit viel mittelalterlicher Architektur, kunsthistorisch spannende Kirchen, mächtige Palazzi, kilometerlange Laubengänge, farbenprächtige Fassaden. Und dann diese kulinarischen Verführungen an allen Ecken und Enden der Stadt: Es fällt ziemlich leicht, sich sofort in Bologna zu verlieben...
(Dies ist Teil 2 der Bologna-Reportage, zu Teil 1 geht es hier.)

Bei diesem Bologna-Besuch will ich es nun auch sehen: Little (very little) Venice. Auch wenn ich diese Vergleiche eigentlich nicht mag. Denn wie oft muss das arme Venedig für diese Vergleiche herhalten – Brügge, das Venedig des Nordens, etc. Und dennoch peile ich dieses Mal die Via Piella an, wo es ein kleines Fenster gibt – das man angeblich zumeist schon daran erkennt, dass Tourist:innen sich davor anstellen. Wir haben Glück, keine Tourist:innen, und wir finden das kleine Fenster auch so schnell, dafür dann aber auch ein wenig Pech: Denn der berühmte Kanal – ist leer! Warum auch immer. Renovierungsarbeiten? Reinigungsarbeiten? Leer bleibt leer, das war es also mit dem Venedig-Feeling. Faszinierend ist es dennoch: Unter Bologna verläuft ein dichtes Netz an Wasserkanälen, rund 60 Kilometer lang, errichtet im Mittelalter, für unterschiedlichste Zwecke. So versorgten die Kanäle die Bewohner:innen mit Trinkwasser, die Stadt mit Energie, die in den Seidenwebereien und Färbereien benötigt wurde. Aber auch als Handelswege, für den Transport schwerer Waren, dienten diese Kanäle. Heute ist – wie in vielen anderen Städten, wie z. B. Mailand – davon nicht mehr viel zu sehen, die meisten Kanäle wurden im frühen 20. Jahrhundert zugemauert oder überbaut, denn die Motorisierung nahm zu und damit musste auch das Straßennetz Schritt halten. Und somit bleiben nur mehr wenige Stellen, von denen aus man die Kanäle auch heute noch entdecken kann – wie eben von dem kleinen Fenster (neben der Trattoria dal Biassanot) in der Via Piella aus auf den Canale delle Molline. (Weitere Aussichtspunkte gibt es übrigens auf den Brücken der Via Oberdan und der Via Malcontenti.)

Die Laubengänge, Lebensader Bolognas
Sie kann man in Bologna gar nicht übersehen: Die berühmten Arkadengänge (ital.: Portici), die aus dem Mittelalter, der Renaissance oder aus dem 19. bzw. 20. Jahrhundert stammen und heute Geschäfte, Cafès und Restaurants beherbergen und heute wie damals vor Regen aber auch Sonne und Hitze schützen. Die Angaben zur Länge dieser sich durch die Stadt verzweigenden Lebensader differieren übrigens: Irgendwo zwischen 38 und 62 Kilometern dürfte sie liegen. Aber ganz ehrlich, so wichtig ist das auch nicht, denn auch so sind sie einfach beeindruckend. Eine der vielen Arkaden sollte man auf jeden Fall ausgiebig entlanglaufen; zu den schönsten der Stadt gehören jene der Strada Maggiore, der Via Zamboni oder der Via Altabella. Besonders beeindruckend sind auch die hölzernen Arkaden der Casa Grassi in der Via Marsala. Apropos, 2021 wurden Bolognas Laubengänge von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt, wenn auch nicht alle, sondern 12 Strecken, die insgesamt rund sieben Kilometer lang sind, und – wenig überraschend – als die repräsentativsten gelten. Auch einen Rekord verzeichnet Bologna, ebenfalls mit einem Arkadengang: Ein vier Kilometer langer Arkadengang mit 666 Bögen führt von der Porta Saragozza hinauf zur Wallfahrtskirche Santuario della Madonna di San Luca. Damit ist er angeblich der längste Laubengang der Welt. Rund 200 Höhenmeter, 650 Stufen, nicht unanstrengend ist also der Aufstieg, aber er lohnt sich, sagen die Bologneser. Denn von dort oben hat man vor allem einen wunderbaren Ausblick auf das Hinterland der Stadt – und es ist auch eine Art Tradition am Sonntag den Colle della Guardia zu erklimmen. Tun sollte man das eher am Vormittag, empfiehlt übrigens Roberto, Gastgeber im B&B Il Viaggio, denn nachmittags kann es da oben schon recht voll werden.

Mein Favorit: Der Laubengang Via Santo Stefano – schöne Terrazzoböden, beeindruckende Palazzo-Fassaden
Meine Lieblings-Arkaden sind jene entlang der Via Santo Stefano, aus dem Spätmittelalter oder der Frührenaissance stammend. Wer diese Arkaden entlang spaziert, bekommt viel zu sehen: großartige, unterschiedlichste Terrazzoböden, schöne Türen, originelle Türklopfer, aber auch beeindruckende Fassaden mächtiger Palazzi wie z. B. den Palazzo Zani oder den Palazzo Garganelli. Startet man hierfür z. B. an der Porta Santo Stefano, dann landet man zuerst an der wunderschönen Piazza Santo Stefano und ein bisschen später direkt im Herzen der Stadt, beim Palazzo della Mercanzia und damit auch bei den beiden berühmtesten Geschlechtertürmen, dem Torre Garisenda (ca. 48 Meter hoch) und dem Torre degli Asinelli (Gehzeit von der Porta Santo Stefano bis ins Stadtzentrum ca. 20 Minuten).

Basilica Santo Stefano an der "Piazza delle Sette Chiese":
Es ist wohl einer der schönsten Plätze der Stadt und rangiert nun ganz oben in der Liste meiner Lieblings-Piazze Italiens: Die Piazza Santo Stefano. Unbedingt wollte ich dieses Mal die Basilica Santo Stefano besichtigen, aber dann hat uns unsere eigene Reiseplanung einen Strich durch die Rechnung gemacht. Denn da wir mit unserem Bologna-Besuch auch Abstecher per Bahn ins nahe Parma und Ravenna verbanden, standen wir am Montag vor der Basilika – und an Montagen ist in Italien bekannterweise vieles geschlossen. Ein brunnentiefer Seufzer ist mir da entfahren und zugleich setzte sich ein Gedanke im Kopf fest: Ok, dann muss ich einfach noch mal herkommen.
Was uns hier entgangen ist? Eine Basilika, die eigentlich ein Komplex mehrerer romanischer Kirchen ist und so wenig überraschend auch den Beinamen "Sieben Kirchen" trägt. Und so stehen wir vor verschlossenen Toren der Chiesa del Crocifisso, durch die man in dieses Labyrinth aus Kirchen und Kloster gelangt; eine von heute vier Kirchen, ursprünglich waren es sgoar sieben Kirchen an diesem Platz, der deshalb auch als "Piazza delle Sette Chiese" bekannt ist. Da gibt es neben der Chiesa del Crocifisso die Basilica di San Sepolcro, die Chiesa di SS. Vitale e Agricola und die Chiesa della Trinità o dei "Martyrium"; ebenfalls sehenswert sollen der Kreuzgang des Klosters, die Cappella della Benda und das Museum sein. Mehr als ein guter Grund also bald nach Bologna zurück zu kommen...

Farbe, wohin man blickt...
Dass Bologna auch den Beinamen "La rossa" (die Rote) hat, verwundert nicht: denn Rot, aber auch andere Erdtöne wie Ockergelb oder ein nahezu goldenes Orange geben in dieser Stadt in Sachen Fassadengestaltung den Ton an. Einfach mal treiben lassen, abseits der Hauptstraßen, staunen, genießen...

Quadrilatero: Himmel auf Erden für Foodies
Es ist nur ein Umfaller von der betriebsamen Piazza Maggiore ins kulinarische Herz Bolognas: Das Quadrilatero, das historische Marktviertel und auch heute noch eine Art überdimensionaler Markt mit einem riesigen Angebot an Lebensmitteln und Spezialitäten aus der Region. Delikatessenläden, Flesichereien, Bäckereien, Obst und Gemüse und auch Vinotheken, das Angebot ist riesig in diesem kompakten kleinen Viertel. Wir peilen den Feinkostladen Amedeo Ceccarelli an, für jeden österreichischen Bologna-Besucher ein Begriff, spätestens seit die Wiener Band "Wanda" Tante Ceccarelli zu grenzenloser Bekanntheit verhalf. Nichts wie rein ins Ceccarelli, wo die Schinkenkeulen von der Decke baumeln, sich Mortadella und Käse nur so stapeln und kiloweise Tortellini auf Käufer:innen warten. Ach, alle Tortellini würde ich einpacken, wenn ich nur könnte. So wird es dann eine kleine Salamistange und eine Packung Tortellini, bei der mir die Verkäuferin versichert, dass diese 14 Stunden auch ohne Kühlung aushalten. Kurz nachgerechnet, und ja, das geht sich aus zwischen Kauf und Wiener Kühlschrank. Die besungene Tante Ceccarelli haben wir übrigens erwartungsgemäss nicht angetroffen, sie bleibt wohl auf ewig ein bisschen Wandas Geheimnis. Apropos, auch abseits des Quadrilatero macht Bologna seinem Ruf als "la grassa" alle Ehre: Schaufenster um Schaufenster locken Pasta, Mortadella und Dolce...

Bologna von oben...
Nachdem die beiden berühmten mittelalterlichen Geschlechtertürme Torre Garisenda und Torre degli Asinelli in bedenkliche Schieflage geraten sind und damit geschlossen wurden, fällt diese Option die Stadt von oben zu betrachten leider aus. Aber: Es gibt ebenbürtige Alternativen...

So zum Beispiel die Terrazza di San Petronio: Aus 54 Metern Höhe kann man von der Basilica San Petronio an der Piazza Maggiore einen Blick von oben auf das Stadtgeschehen werfen. Sogar mit Blick auf die beiden schiefen Türme...
Alternative Nr. 2: Von der etwas höher gelegenen Kirche San Michele del Bosco kann man ebenfalls einen schönen Ausblick auf die Stadt genießen. (Mit dem Bus Nr. 30 vom Zentrum aus erreichbar; Salita di S. Benedetto, 10.)
Variante Nr. 3: Der Torre dell’Orologio (oder Torre Accursi) im Palazzo Comunale. Aus rund 36 Metern Höhe bietet sich ein schöner Blick auf die Piazza Maggiore, die Basilica San Petronio und die beiden Türme.

Wir haben den Ausblick auf Bolognas Altstadt, die Wallfahrtskirche Santuario della Madonna di San Luca und die hügeligen Ausläufer des Apennins von der Dachterrasse unseres Hotels (Hotel Aemilia) aus genossen. Sehr empfehlenswert...

Und was muss man sonst noch gesehen haben in Bologna?
Sehenswert auch das Museo Morandi, wo man hunderte Werke des Bologneser Malers Giovanni Morandi bestaunen kann, der zu den bedeutendsten Künstlern des 20. Jahrhunderts zählt. Wohl ein Muss für kunstaffine Bologna-Besucher:innen: Einerseits die Pinacoteca Nazionale (Via delle Belle Arti), andererseits das Museo d’arte moderna di Bologna (MAMbo). Während in ersterem neben einer großen Sammlung Bologneser Maler des 14.-18. Jahrhunderts auch Werke von Tintoretto, Giotto, Raffael, etc. zu finden sind, gilt das Museo d’arte moderna di Bologna als eine der bedeutendsten Sammlungen moderner Kunst in Italien.

Und was ist Bologna nun eigentlich für mich? Bologna, das ist auch die Stadt der kleinen Momente, der schönen Details. Man sollte die Augen weit öffnen dafür, denn man wird an sovielen Orten der Stadt fündig. Bologna, eine Stadt der schönen Plätze, wie beispielsweise der sonnengefluteten Piazza Minghetti, an der wir in diesen Novembertagen sitzen und das geschäftige Treiben uns um herum beobachten. Bologna, das ist geschäftig und gelassen zur gleichen Zeit. Das ist eine Stadt, die genießt, auf mannigfaltige Art. Bologna, das ist prächtig und elegant auf der einen Seite, lässig und im positiven Sinne ungeschönt und damit auch sehr authentisch auf der anderen Seite. Bologna, eine Stadt, die man nicht so leicht fassen und schon gar nicht in eine Kategorie packen kann. Eine zutiefst italienische Stadt und doch so anders, als viele andere Städte des Landes. Bologna, eine Stadt auch für den zweiten Blick. Und sogar einen dritten. Wir sehen uns wieder, Bologna! Amore!

 

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Wer Teil 1 der Bologna-Reportage verpasst hat: Hier geht´s lang...
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Der Aufenthalt in Bologna erfolgte zur Gänze auf eigene Kosten, daher ist dieser Beitrag eine unbeauftragte und unbezahlte Städte-Werbung.