• I lost my heart in Umbria
    96h im südlichen Umbrien (II)

Juli 2015

Die Stadt mit der angeblich höchsten Lebensqualität weltweit steht am nächsten Tag
auf unserem Programm bei unserer Reise durch das südliche Umbrien (Teil 1 der Reportage). Nein, wir sprechen
  nicht von Wien, Zürich oder Vancouver, die sich alljährlich bei internationalen Studien um den ersten Platz
matchen. The winner is: Todi!

Ein amerikanischer Urbanistik-Professor vergab vor einigen Jahren Bestnoten für die kleine Stadt im Süden Umbriens: Ideales Klima, optimale Größe, vorbildliches Verhältnis zum agrarisch geprägten Umland. Und schon war der Dornröschenschlaf dieses Geheimtipps beendet und es passierte, was in solchen Fällen unweigerlich folgt: Touristen kamen in Scharen nach Todi, ein Run auf Immobilien setzte ein, Preise und Mieten stiegen. Man kann nur hoffen, dass es nicht zu einem völligen Ausverkauf Todis kommt und die vielgerühmte Lebensqualität weiter erhalten bleibt. Wir merken an diesem Julitag jedenfalls wenig von den angeblichen Touristenanstürmen. Am schönsten nähert man sich der Stadt übrigens von Westen her, über die Tiber-Brücke von Pontecuti, an der zusammengedrängt ein paar mittelalterliche Häuser stehen. Dann geht es auch schon steil den Berg hinauf, vorbei am großen Renaissancebau der Wallfahrtskirche Santa Maria della Consolazione, ins Stadtzentrum, wo Wohnhäuser und Kirchen, vom Ring der Befestigungsmauern umfasst, eng zusammenstehen.

Ganz vorne im Ranking der schönsten Stadtplätze
Schöne Stadtplätze gibt es in Italien en masse, aber dieser hier, der gehört ganz sicherlich zu den schönsten: Die Piazza Vittorio Emanuele II. Großartig die große Freitreppe, die zum Dom hinauf führt, daran reihen sich die eleganten Rathausbauten und mittelalterliche Stadtpaläste. Eine Bühne, auf der sich dass Stadtleben abspielt. Also gleich mal hinein in den Dom Santa Maria, erbaut im 13. Jahrhundert, mit einer kunstvollen Rose in der Fassade. Ich bin besonders gebannt von dem großen Fresko des Jüngsten Gerichts an der Eingangswand, das 1596 in Anlehnung an Michelangelos Version in der Sixtinischen Kapelle gemalt wurde. Konkurrenz in Sachen dramatische Freitreppe bekam der Dom noch während seiner Bauzeit am anderen Ende des Platzes: Dort wurde der Palazzo del Popolo mit seiner ebenfalls eleganten Freitreppe errichtet. In unmittelbarer Nähe befindet sich der Palazzo del Capitano mit seinen feinen, gotischen Fenstern, an der Südseite der Piazza dominiert der große Palazzo dei Priori. Den ersten Platz im Wettkampf um die schönste Freitreppe in Todi hat jedoch mit Grandezza die Kirche San Fortunato, wenige Schritte vom Hauptplatz entfernt, gemacht: Die imposante Treppe übertrifft die Konkurrenz in ihren Dimensionen um ein vielfaches. Die Kirche konnte der hier ansässige Franziskaner Orden nur mit Unterstützung der reichen Kaufherren Todis errichten. Die gedrungene Kirche – mit der unvollendeten Fassade – fasziniert mit seinen fantasievollen Bildhauerarbeiten am Hauptportal. Auch an San Fortunato, das parallel zu den Rathausbauten an der Piazza errichtet wurde, wurde übrigens mehr als 100 Jahre lang gebaut. Aber nun ist es genug: Die Sonne steht am Zenit und die Hitze scheint tonnenschwer auf unseren Köpfen zu lasten, wir kapitulieren. Der Kulturteil ist für heute beendet: Ab an den Pool, abtauchen, unter den großen Sonnenschirmen verschwinden, den Blick über die umbrische Hügelkette gleiten lassen und auf dem Landgut Casarciccia den Eiswürfeln beim Klirren im Glas zuhören…

Sollte man bei einer Süd-Umbrien-Rundreise auch gesehen haben, hier geht es zu Teil 1 der Reportage: Montefalco und  Spoleto!

Unbeauftraagter, unbezahlter Blog-Beitrag.

destination

UMBRIEN (ital. Umbria) liegt in Mittelitalien zwischen der Toskana, Latium und den Marken – und ist damit die einzige Region Italiens, die weder an ein Nachbarland noch an das Meer angrenzt. Oft als das „grüne Herz Italiens“ bezeichnet, bietet diese Region aber nicht nur schöne Landschaften (fast drei Viertel Umbriens bestehen aus Hügellandschaft, der Rest wird von Gebirgen dominiert), sondern auch reichlich Kultur in zahlreichen Kleinstädten – Perugia, die Hauptstadt Umbriens, und Terni sind mit rund 160.000 bzw. 110.000 EinwohnerInnen die Ausreißer, die meisten anderen haben kaum mehr als 30.000 EinwohnerInnen.

Gut aufgehoben sind hier alle, die sich für Natur wie Kultur gleichermaßen interessieren: Unbedingt besuchen sollte man neben der Hauptstadt Perugia das bekannte Assisi und das Bergstädtchen Gubbio, auch Gualdo Tadino an der Grenze zu den Marken ist sehenswert. Wer mehr Zeit mitbringt, der sollte auch die südlich gelegeneren Städte Foligno, Montefalco, Todi, Spoleto und Terni sowie die ehemalige Papststadt Orvieto und den Geburtstort des hl. Benedikt, Norcia, besuchen. Aber nicht nur die Städte, auch die Landschaft, mit ihren berühmten sanften grünen Hügeln und den Bergen des Apennin, macht Umbriens Reiz aus: Landschaftlich besonders schön ist die Gegend rund um den Lago Trasimeno sowie den Lago di Piediluco, glücklich werden Natur-Liebhaber vermutlich auch in den Bergregionen Umbriens, z. B. den Monti Sibilini. Und wer darüber hinaus noch Zeit hat, der wird abseits der üblichen Routen so manches unbekanntes Kloster oder Städtchen entdecken…

Mein Fazit: Umbrien ist zwar mittlerweile auch gut besucht, aber noch weit unbekannter als die große Schwester Toskana. Mit 120 Kilometern von Norden nach Süden und maximal 100 Kilometern von Westen nach Osten, ist Umbrien eine übersichtliche Reiseregion – mindestens 10 Tage Zeit sollte man aber im Gepäck haben, will man sie gründlich erkunden.

gut schlafen

Herrlich schlafen auf dem liebevoll restaurierten Landgut Casarciccia, in der Nähe von Todi: Mit großzügigem Pool und noch großzügigerer Gartenanlage. Abends mit einem Glas Wein der Sonne zuschauen, wie sie hinter den sanften, umbrischen Hügeln verschwindet, das kann was...

gut essen & trinken

Wer in TODI gut und regional essen will, ist hier bestens aufgehoben:

Enoteca Oberdan, mit kleiner Terrasse und wunderschönem Ausblick: https://de-de.facebook.com/enotecaoberdan/
Il Ristorante Pane & Vino: www.panevinotodi.com/

Gut essen in SPOLETO:

Locanda della Signoria: locanda-della-signoria.thefork.rest/

Lesetipp

Für alle Kultur-Interessierten der richtige Begleiter:
"Umbrien. Städte, Kirchen und Klöster im grünen Herzen Italiens: Assisi, Perugia, Orvieto, Gubbio, Todi"
Dumont Kunst-Reiseführer (Klaus Zimmermanns)