Nur einen Katzensprung entfernt von Bologna liegt Parma, mit der Bahn in etwas
mehr als einer Stunde von der Hauptstadt der Emilia-Romagna aus bequem zu erreichen. Eine gute Gelegenheit die oberitalienische Universitätsstadt, die für Prosciutto di Parma, Parmigiano Reggiano und das Verdi-Festival bekannt ist, endlich kennenzulernen. Und wir sind sicher: Dort gibt es vermutlich noch viel mehr zu entdecken...
Eine Ahnung, die wir, in der Bahn sitzend, bereits nach einem Blick in unseren Reiseführer bestätigt sehen: Da gibt es so einiges Sehenswertes in Parma und vielmehr quält uns jetzt die Frage, was wir in den rund acht Stunden unseres Aufenthalts wohl alles schaffen werden. Eine Runde durch den Parco Ducale muss auf jeden Fall sein, zieht es mich in Städten doch immer auch gleich mal ins Grüne und darüber hinaus ist das traumhafte, sonnig-warme Herbstwetter aus Bologna nach Parma mitgereist, perfekt für einen Spaziergang unter herbstlich gefärbten Bäumen. Der Palazzo della Pilotta aus dem 16. Jahrhundert mit der darin befindlichen Galleria Nazionale di Parma mit Malereien namhafter Künstler – ein Must! Und was für eines, stelle ich wenig später fest, als wir das ebenfalls im Palazzo della Pilotta befindliche Teatro Farnese aus dem 17. Jahrhundert betreten: Definitiv eines der ganz großen Highlights unserer Emilia-Romagna-Reise. Und auch das ist uns vorab schon klar: Wer nach Parma fährt, der muss den Dom und das berühmte Baptisterium gesehen haben – basta! Bleibt nur zu hoffen, dass bei all diesen Vorhaben genug Zeit bleibt um auch einfach nur ein bisschen durch die Stadt zu streifen und Parma so noch ein wenig besser kennenzulernen.
Dann sind wir auch schon mit der Bahn in Parma angekommen: Vom Bahnhof laufen wir die Viale Paolo Toschi, die von teils wunderschönen alten Stadtvillen gesäumt ist, Richtung Stadtzentrum. Und wenig später sehen wir schon den türkisen Parma, ein Nebenfluss des Po, der das Zentrum in das sogenannte Neue und Alte Parma teilt. Über eine Brücke peilen wir unser erstes Ziel an…
In der Herbstsonne durch den Parco Ducale flanieren...
Erste Station unseres Besuchs ist also der Parco Ducale, 1561 von Herzog Ottavio Farnese angelegt, Mitte des 18. Jahrhunderts dann aber nach französischem bzw. englischem Vorbild bepflanzt und heute nach wie vor die grüne Lunge der Stadt. Wir sind an diesem sonnigen Samstag Anfang November nicht die einzigen, die auf der Brücke über den Parma Richtung Park wandern. Durch die großen Tore geht es hinein in den mit rund 209.000 m2 sehr weitläufigen Park: Jahrhundertealte große Bäume, immer wieder Statuen aus dem Neoklassizismus, schöne Brunnen – hier flaniert es sich gut, und an einem hübschen Kiosk reihe ich mich schließlich in die Schlange der Wartenden ein. Pause! Einfach nur die Sonne auf dem Gesicht spüren, den Kindern zuschauen wie sie mit ihren Fahrrädern über die Wege flitzen, den großen Gruppen von Italiener:innen an den Nebentischen ein wenig zuhören. Ach Italien, ich mag dich einfach so gern und das zu jeder Jahreszeit..
Apropos, der weitläufige hellgelbe Palazzo Ducale, der 1561 auf den Überresten eines Visconti-Schlosses errichtet worden war, ist heute Sitz der Carabinieri und damit nicht zu besichtigen.
Palazzo Pilotta: Viel zu sehen hinter dicken Mauern...
Aber dann geht es los mit Kultur, unser erstes Ziel: Der mächtige, trutzige Palazzo di Pilotta (auch La Pilotta genannt), der am anderen Ende der Brücke liegt, die wir nun wieder zurück überqueren. Er ist ein regelrechter Gebäudekomplex, mitten im historischen Zentrum von Parrma, zwischen der Piazzale della Pace und der Lungoparma, und beherbergt so einiges: Das Archäologische Nationalmuseum Parma, die Kunsthochschule „Paolo Toschi“, die Biblioteca Palatina, das Bodonianische Museum (Giambattista Bodoni war ein italienischer Graveur, Buchdrucker, Typograf und Verleger und gilt als bester Buchgestalter des Klassizismus) sowie die Galleria Nazionale die Parma (Nationalgalerie Parma) und das Teatro Farnese.
Der Palazzo della Pilotta war ursprünglich (ab 1583) an den Palazzo Ducale angebaut worden, dieser wurde aber im 2. Weltkrieg zur Gänze zerbombt und ist heute komplett aus dem Stadtbild verschwunden. Seinen Namen verdankt der Palazzo übrigens einem baskischen Ballspiel namens Pelota, das spanische Soldaten in einem der Innenhöfe spielten. Ursprünglich als Stall-, Wirtschafts- und Verwaltungsgebäude entwickelt, wurde er bald ganz anders genutzt, nämlich für kulturelle Zwecke. Ranuccio I. Farnese ließ im ersten Stock des mächtigen Palazzo das Teatro Farnese einbauen (1617/18), zwei Jahrhunderte später (Mitte des 18. Jahrhunderts) wurden hier das Museo Archeologico Nazionale, die Biblioteca Palatina sowie der Vorläufer der heutigen Galleria Nazionale angesiedelt.
Teatro Farnese: Eines der größten Theater seiner Zeit...
Das Teatro Farnese ist dann auch das erste große Highlight, mit dem uns Parma begeistert. Gerade erst betreten, kann ich kaum glauben was wir da zu sehen bekommen: Ein riesiger (2700 m2) großer Theaterraum, 22 Meter hoch, mit einer Bühnenfläche von rund 500 m2, mehr als 3.000 Sitzplätzen, verteilt auf 14 Treppenränge und zwei Logenreihen, die von Säulen gestütz werden – und das alles aus Rottannenholz gezimmert. Ich drehe mich um meine eigene Achse und komme aus dem Staunen kaum heraus: Ein barockes Hoftheater, zur Gänze mit Holz gestaltet, in diesen Dimensionen, so etwas habe ich noch nie gesehen.
Errichten ließ das Theater – mit für damalige Verhältnisse mehr als revolutionärer Bühnentechnik – Ranuccio I., Herzog von Parma und Piacenza (1569 – 1622), und zwar in einem früheren Turniersaal im ersten Stock des Palazzo della Pilotta. Und er wollte vor allem beeindrucken damit, nämlich den toskanischen Großherzog Cosimo II. de Medici, dessen Besuch in Parma angesagt war: Ranuccio I. wollte seinem Gast ein gewaltiges Spektakel bieten. Angeblich hat dessen Besuch dann jedoch gar nicht stattgefunden. Eröffnet wurde das Theater schließlich im Herbst 1618, gespielt wurde darin aber nicht, und zwar ganze zehn Jahre lang. Die erste Theateraufführung fand schließlich am 21. Dezember 1628 statt, zu diesem Zeitpunkt war der Bauherr Ranuccio I. allerdings bereits verstorben.
Schließlich kam dann aber doch eine Medici in den Genuss des Theaters: Denn die Hochzeit von Margherita de` Medici mit Odoardo, dem Sohn von Ranuccio, war der Anlass für die Premiere im Teatro Farnese. Und die muss beeindruckend gewesen sein: Gegeben wurde eine Oper von Claudio Monteverdi, inklusive realistisch nachgestellter Seeschlacht – was für ein Spektakel. Apropos, heute wird im Teatro Farnese mit einer Art Videosimulation eine solche Aufführung nachempfunden: Plötzlich wird es dunkel im Zuschauerraum, Musik ertönt und auf der Bühne lässt sich erahnen, wie diese Theateraufführungen damals vonstatten gegangen sind. Sehr beeindruckend! Wobei, allzu viele Aufführungen gab es damals gar nicht, denn der Aufwand für diese Art von höfischen Theater-Produktionen war immens: So soll das Theater bis 1732 insgesamt nur neun Mal bespielt worden sein. 1944 machten die Bomben auch vor dem Teatro nicht halt: Es wurde weitgehend zerstört, nach dem Krieg (zwischen 1956 und 1962) aber wieder detailgetreu restauriert. Gespielt wird in diesem beeindruckenden Theaterraum aber erst seit 2011, unter anderem beim jährlich (im Oktober) stattfindenden Verdi-Opernfestival, das 1989 zu Ehren des Komponisten Giuseppe Verdi gegründet wurde.
Die Galleria Nazionale: Malerei von Rang und Namen...
Komm, sagt mein Mann dann, reiß dich los vom Theater, wir haben noch so viel am Zettel und ein Tag ist kurz. Und dann stehen wir auch schon in der Galleria Nazionale und ich hätte es nicht erwartet, aber in diesem Museum gibt es einiges, was mich staunen lässt. Denn hier hängt ziemlich viel an den Wänden, was in der italienischen Malerei Rang und Namen hat: Correggio, Parmiginanino (alias Girolamo Francesco Mazzola, Parmas großer Malersohn), Tintoretto, Guercino, Canaletto, Tiepolo oder Bellotto. Aber auch Meisterwerke internationaler Künstler sind hier zu finden, wie z. B. ein Porträt von Erasmus von Rotterdam, geschaffen von Hans Holbein d. Jüngere oder das Gemälde „Heilung des Blinden“ von El Greco. Das absolute Highlight dieser Sammlung und vermutlich auch der größte Stolz des Hauses ist allerdings „Die Zerzauste“ (La Scapigliata) von Leonardo da Vinci, datiert um 1508 – ein kleines Bild (ca. 25x21 cm), aber von großer Wirkung. Und erfreulicherweise auch nicht von Massen von Kunstbegeisterten umringt…
Mich beeindrucken auch die großzügigen, teils sehr lichten Museumsräumlichkeiten und generell die Weitläufigkeit dieses Museums. Was den Museumsbetreibern auch die Möglichkeit gibt, die teils riesigen Gemälde entsprechend in Szene zu setzen.
Einen Abstecher machen wir dann auch noch in die Biblioteca Palatina (die ebenfalls im Palazzo Pilotta angesiedelt ist und mit dem Museumsticket besichtigt werden kann). Die historische Palatina-Bibliothek (es gibt in diesem Zusammenhang auch eine öffentliche Bibliothek, die Ausleih-, Beratungs- und Studiendienste anbietet) wurde 1761 auf Veranlassung von Don Filippo di Borbone, Herzog von Parma, Piacenza und Guastalla, gegründet. Heute beherbergt die Bibliothek Bände von großer Seltenheit und daher großem Wert: Mehr als 700.000 Bände, 3.000 Inkunabeln, 6.600 Manuskripte, 50.000 Drucke und wertvolle Handschriften aus dem 11. bis 12. Jahrhundert werden hier verwahrt.
Dann aber ist es endgültig Zeit, sich ins Herz der Stadt aufzumachen; wir lassen uns durch die schönen Straßen im Zentrum treiben – und landen schließlich auf der Piazza Duomo. Dort befinden sich der romanische Dom, der gotische Campanile und gleich daneben das Baptisterium, das sowohl romanische als auch gotische Anklänge aufweist – ein spannendes und schon aus der Ferne sehr bemerkenswertes Ensemble, das uns im milden Novembersonnenlicht entgegenleuchtet.
Hier geht es weiter durch Parma - Teil II des Reiseberichts.
Bologna liegt nur eine Stunde Bahnfahrt entfernt, hier gibt es eine ausführliche Bologna-Reportage sowie Hotel- und Restauranttipps.
Wie in all meinen Blog-Beiträgen steckt auch hier sehr viel Arbeit und noch mehr Herzblut drinnen. Unbeauftragt und unbezahlt, so ist auch dieser Beitrag entstanden.
destination
PARMA im schnellen Überblick...
Parma (rund 200.000 Einwohner:innen) liegt am südlichen Rand der Po-Ebene. Nach Bologna ist sie die zweitgrößte Stadt der Emilia-Romagna und zuglich Hauptstadt der Provinz Parma. Die Stadt ist wirtschaftlich stark unterwegs, mit einem Fokus auf die Nahrungsmittelindustrie; Barilla ist dabei nur ein bekannter Name, das Unternehmen ist in der Nähe von Parma angesiedelt. Berühmt ist Parma auch für seine altehrwürdige Universität.
Wer an Parma denkt, denkt aber nicht nur an Prosciutto und Parmesan, sondern auch an viele Namen großer Künstler:innen: So wurden in der Stadt am Fuße des Apennins bzw. in der Region z. B. der Dirigent Arturo Toscanini, der Komponist Giuseppe Verdi, der Maler Parmigianino (eigentlich Girolamo Francesco Maria Mazzola) oder der Filmemacher Bernardo Bertolucci geboren. Bekannt ist Parma auch für seine Musikaufführungen und Festivals im Opernhaus Teatro Regio bzw. im Auditorium Niccolò Paganini. Auch das Festival Verdi ist in Parma beheimatet.
gut schlafen
Da wir bei unserer Reise in die Emilia-Romagna in Bologna gewohnt haben und mit der Bahn nach Parma fuhren, gibt es hier keine persönlichen Empfehlungen aus erster Hand, sondern ein wenig Inspiration, wo man in Parma gut unterkommen könnte:
Schöne, moderne Apartments, zentral gelegen: Das B&B Palais Bernadette wäre wohl eine Option für mich beim nächsten Parma-Besuch.
Diese Apartments/Zimmer hatte ich schon mal am Zettel, bevor wir uns dann doch für Bologna entschieden haben: Parco Ducale Design Rooms, modernes Design und wie der Name schon verrät zentral, weil nahe dem Parco Ducale gelegen.
Und auch das Palazzo Gozzi B&B wäre durchaus eine Option für uns: Geschmackvolle Zimmer, im malerischen Oltretorrente-Viertel, direkt gegenüber vom Parco Ducale und nur 10 Gehminuten von der zentralen Piazza Garibaldi entfernt gelegen.