• Viel mehr als Prosciutto, Parmesan und Verdi... (II)
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Wir sind in der warmen Novembersonne durch den Parco Ducale flaniert, haben
den Palazzo della Pilotta erforscht, uns dem Kunstrausch in der Galleria Nazionale hingegeben
und vor lauter Staunen im Teatro Farnese den Mund kaum zu bekommen.
Nun sind wir im Herzen Parmas, auf der Piazza Duomo gelandet...
(Hier geht´s zu Teil 1 des Parma-Reiseberichts.)

Und wie uns an der Piazzza Duomo die Cattedrale S. Maria Assunta entgegen leuchtet, mit ihrer schönen romanischen Fassade: Die November-Spätnachmittagssonne gibt sich alle Mühe diese Kirchenschönheit ins allerbeste Licht zu setzen. Gelingt ihr, finde ich. Wir stehen auf der Piazza Duomo, drehen uns um unsere eigene Achse: Dom, Campanile, Baptisterium, auf der anderen Seite des Platzes das Diözesanmuseum. Piazza können sie halt, die Italiener, höre ich mich sagen, während ich das schöne Ensemble ausgiebig begutachte. Es sind viele Menschen unterwegs an diesem Samstag, das außergewöhnlich milde Wetter hat sie ins Zentrum gelockt. Man trifft einander, holt sich ein Eis, plaudert, flaniert, nimmt einen Aperitivo. Dolce far niente at its best, auch in der Emilia-Romagna. Aber jetzt geht es weiter mit dem Kunstgenuss...

Ein Besuch der Cattedrale S. Maria Assunta ist ein absolutes Muss: Zwischen 1060 und 1073 erbaut, wurde sie nach einem Erdbeben 1117 restauriert. Mir gefällt schon die schlichte, romanische Fassade, aber betritt man die Kirche erst mal, kann man seinen Augen kaum trauen: Denn die Kathedrale ist über und über freskiert, man weiß im ersten Moment gar nicht wohin man zuerst blicken soll. Geschichten über Geschichten werden an den Kirchenwänden erzählt, für die man sich ein wenig Zeit nehmen sollte.

Vollends Begeisterung löst dann ein Blick auf das Kuppelfresko von Correggio (Antonio Allegri) aus, nicht umsonst gilt es als eines der bedeutendsten Werke italienischer Renaissance: Zu sehen ist die Jungfrau Maria, sie entschwebt in den Himmel, umringt von Aposteln, Schutzheiligen der Stadt und unzähligen Engeln (mit Musikinstrumenten), die sich auf mitunter unkonventionelle Art und Weise an hellgrauen Wolken festhalten. Correggio wollte mit dieser Malerei die Illusion schaffen, dass man gleichsam in den Himmel schauen kann – und ja, das ist großartig gelungen.

Ein besonderes Highlight ist auch die Cappella del Comune. Anlässlich einer Pestepidemie in den Jahren 1410-11 beschloss die Stadtverwaltung, dem Heiligen Sebastian eine Kapelle zu widmen. Er war zu dieser Zeit ein beliebter Heiliger im Kampf gegen die damals grassierende Pest. Die Fresken, die von der Werkstatt von Bertolino de' Grossi zwischen 1417 und 1426 erschaffen wurden, stellen die Geschichte des Hl. Sebastian dar.

Schließlich wandern wir an den zahlreichen Kapellen und Altären vorbei, viele aus der Renaissance bzw. dem Barock – u. a. mit Werken von Parmigianino (1503 in Parma geboren und ein bekannter italienischer Maler und Radierer des Manierismus). Besonders schön ist auch die Kanzel, weiters lohnt sich auch ein Blick hinauf zu den Orgeln. Wer genügend Zeit hat, sollte kurz in die Krypta hinuntersteigen. Keinesfalls verpassen sollte man das in Stein gemeißelte Relief „Kreuzabnahme“ (1178) von Benedetto Antelami im Querschiff. Über das Leben des Architekten und Bildhauers weiß man nicht viel, bekannt ist nur, dass er von 1178 bis 1233 in Parma gewirkt haben soll, und, so Kunstexpert:innen, mit der südfranzösischen Baukunst und Bildhauerei sehr vertraut gewesen sein muss.

Seinen ganz großen Auftritt hatte Antelami mit der Fassade des von ihm 1196 erbauten Baptisterium San Giovanni. Die Taufkapelle, errichtet aus zartrosa Veroneser Marmor, der in der Nachmittags- bzw. Abendsonne besonders schön leuchtet, hat einen achteckigen Grundriss. Betreten kann man es (theoretisch) durch drei Portale mit üppigem Figurenschmuck.

Den Innenraum selbst dominiert ein achteckiges Taufbecken aus dem 12. Jahrhundert. Darüber spannt sich eine 16-fach gerippte Kuppel, über und über ausgemalt mit Szenen aus dem Alten Testament – auch hier weiß das Auge nicht, wo es zuerst verweilen soll. Wer seine Augen im Kreis wandern lässt, entdeckt auf mehreren Etagen der Arkaden der Jahreszeiten- und Sternzeichenzyklus von Antelami: Mit Reliefbildern und freistehenden Skulpturen zeigt der Bildhauer das bäuerliche Alltagsleben in allen Jahreszeiten. (Wichtig zu wissen: für den Besuch des Baptisteriums braucht es ein Ticket, dieses erhält man im Museo Diocesano, das sich ebenfalls an der Piazza Duomo befindet, schräg vis à vis.)

Schließlich umrunden wir das Baptisterium noch von außen; die intensiven Farben der umgebenden Häuser erinnern mich an das nahe, bunte Bologna. Die November-Spätnachmittagssonne lässt die Fassaden gleich noch intensiver leuchten. So werde ich Parma also in Erinnerung behalten: Elegant, lebendig, sonnengeküsst, mit kunsthistorisch beeindruckenden Highlights. Und es gibt vermutlich noch viel mehr zu entdecken, auch kulinarisch, denn ja, nicht ohne Grund denkt bei Parma jede/r gleich mal an Prosciutto und Parmesan...

 

Teil 1 meines Parma-Reiseberichts verpasst? Hier geht es lang...

Wer Tipps für das nahe Bologna braucht, findet hier einen ausführlichen Bologna-Bericht inklusive Hotel- und Restauranttipps.

Wie in all meinen Blog-Beiträgen steckt auch hier sehr viel Arbeit und noch mehr Herzblut drinnen. Unbeauftragt und unbezahlt, so ist auch dieser Beitrag entstanden.