Es war unser erster Stopp am Meer auf unserer zweiten Sizilien-Reise: Cefalù – das
ungefähr in der Mitte der nördlichen Küste Siziliens liegt und lange Strände, eine malerische Altstadt
und einen beeindruckenden Normannen-Dom bietet. Aber auch Ausflüge ins Hinterland Cefalùs,
in die Monti Madonie, lohnen...
Zuallererst bestaunten wir das Meer von oben – nämlich von dem kleinen Resort hoch oben zwischen gefühlt Millionen von Olivenbäumen, das wir für unseren Aufenthalt an der Nordküste gebucht hatten. Aber bald ging es hinunter, nach Cefalù, in die hübsche Altstadt, die sich zwischen dem Rocca di Cefalù, der fast an die 300 Meter hoch ist, und dem Meer hineinschmiegt. Vor der Stadt eine lange Bucht mit Sandstränden, dahinter die Berge der Madonie. Für mich, die ich mich immer so schwer zwischen Meer und Bergen entscheiden kann, geradezu ideal...
Cefalù, das leitet sich übrigens aus dem Griechischen ab: Kephaloidion (von Kephalos – der Kopf) nannten die Griechen die antike Siedlung, die sich damals noch hoch oben auf dem Felsen befand. Normannenkönig Roger II., der hier mit seinen Mannen landete, verlegte die Stadt dann hinunter an den Fuß des Berges. Nach seiner Krönung 1131 stiftete er der Stadt die heute noch mächtig daliegende Kathedrale. Damals, im 12. Jahrhundert, erlebte die kleine Stadt im Norden Siziliens auch ihre Blütezeit.
Heute wimmelt es in der Hochsaison oft vor Touristen in den engen Altstadtgassen, denn Cefalù ist – neben Taormina – eines der beliebtesten Ziele Sizilien-Reisender. Eine hohe Dichte an Restaurants und Lokalen, kleinen Geschäften sowie die langen Sandstrände bieten gute Rahmenbedingungen für einen entspannten Italienurlaub. Entlang dem Corso Ruggero, der Hauptachse, die sich von der Piazza Garibaldi bis ans Nordufer zieht, durchquert man die Stadt. Steil bergauf ziehen sich kleine Gassen und Treppchen Richtung Burgfelsen, genauso viele Gässchen führen hinunter zum Meer. Egal wie man sich durch die Stadt bewegt, irgendwann landet man vor dem Hosterium Magnum, einst war dies die Residenz des Normannenkönigs Roger II..
Trotz ihrer beachtlichen Tourismuskarriere ist die Stadt irgendwie sie selbst geblieben – und wenn man durch die Gässchen schlendert, sieht man auch, dass hier nach wie vor Alltag gelebt wird. Da fährt ein kleines Auto, vollgeladen mit Obst und Gemüse durch die Gassen, hält vor den Häusern und schon werden da und dort kleine Körbe aus den Fenstern herabgeseilt und vom fahrenden Händler befüllt. Aber auch auf der Straße wird mit ihm gehandelt und gefeilscht. Bis er den Motor wieder anwirft und um`s Eck in die nächste Gasse verschwindet…
Sie ist ein Must für alle Architektur- und Kunstbegeisterten: Die Kathedrale von Cefalù, die – wie auch die Kathedrale Monreale in Palermo – zu den UNESCO-Welterbestätten gehört. Und wie so oft steht hinter der Errichtung der Kathedrale eine interessante Legende: König Roger II. war vor der Küste in Seenot geraten und schwor, dass er, sollte er gerettet werden aus seiner misslichen Situation, an diesem Strand eine Kirche errichten würde. Und so kam es dann ja auch. Allerdings: Politische Gründe gab es natürlich auch für den Bau – so sollte die neue Kathedrale die Grablege der normannischen Dynastie werden. Seine letzte Ruhestätte fand Roger II. dann allerdings doch in Palermo; denn bei seinem Tod war die Kathedrale noch nicht fertiggestellt und so ließ Kaiser Friedrich II. seinen Sarkophag später in die Hauptstadt Siziliens holen.
Die Erbauer der Kathedrale Santissimo Salvatore hatten jedenfalls einen Sinn für Dramatik: Denn sie liegt perfekt an dem ansteigenden Domplatz. Besonders schön ist der vorspringende Teil der Fassade von Ambrogio da Como. Aber auch im Inneren beindruckt die Kirche, vor allem die Mosaiken der Apsis sind besonders sehenswert. Die Goldgrundmosaiken ziehen sofort den Blick auf sich, gefertigt von byzantinischen Künstlern – allerdings nicht ganz freiwillig, sie wurden der Legende nach von Roger II. dazu zwangsverpflichtet. Besonders schön ist auch das Taufbecken aus Muschelkalk im rechten Seitenschiff sowie eine Statue der Muttergottes im linken Seitenschiff. (Wer mehr Details zur Kathedrale erfahren will, der ist mit dem Sizilien Kunstführer des Dumont Verlags gut versorgt.) Zeit nehmen sollte man sich auch für einen Besuch des Kreuzgangs: Er überzeugt mit wunderschönen spitzbogigen Arkaden über fein gearbeiteten Doppelsäulen aus venezianischem Marmor. Still ist es in diesem Chiostro, nur wenige finden ihren Weg hierher, in diese kleine Oase.
Auch nachts verliert die Kathedrale nichts an ihrer Eindrücklichkeit: Zu späterer Stunde hat sich das Gewusel in den Gassen verlaufen, Stille kehrt ein und Cefalù scheint ein wenig durchzuatmen, um am nächsten Tag wieder für seine Gäste bereit zu sein…
Und dann reißen wir uns los von Strand und Stadt und dem süßen Nichtstun und machen einen Ausflug ins Hinterland von Cefalù. Wir landen im hübschen Bergdorf Castelbuono, das sehr malerisch am Fuße des Pizzo Carbonara liegt und sich rund um das Castello dei Ventimiglia erstreckt. Gegründet wurde Castelbuono im Jahr 1316, das kann man einer Inschrift am Bogen zum Ortseingang entnehmen. Und obwohl der Ort fast ein bisschen verschlafen wirkt – zumindest in der Sommerhitze an einem Wochentag – gibt es hier ein reges kulturelles Leben, dessen Höhepunkt das Jazzfestival ist, das seit 1995 jedes Jahr in der zweiten Augusthälfte stattfindet. Dann finden den ganzen Tag über Konzerte statt, nicht nur auf der Piazza vor dem Castello, sondern auch im Rahmen von zahlreichen Side Events in den Straßen von Castelbuono. Schade, dafür sind wir eindeutig zu früh dran, aber auch so gefällt uns dieses kleine Bergdörfchen.
Der Hunger treibt uns dann in ein kleines Lokal in einer Seitengasse; und aus der ursprünglichen Intention nur schnell einen Toast zu essen, wird dann ein kleines kulinarisches Erlebnis. Wir genießen köstliche, hausgemachte Gnocchi mit Tomaten und Mozzarella, so fruchtig, wie das eben nur in Sizilien schmeckt, und Caserecce mit Sugo vom Nebrodi-Schwein – eine Schweinerasse, die dem Wildschwein sehr ähnlich ist und in den Wäldern der Monti Nebrodi, einem Gebirge an der Nordostküste Siziliens, in der Nähe von Messina, lebt. Zum Abschluss noch ein Espresso, der so intensiv ist, dass der Löffel stecken bleibt und ein typisch sizilianisches Mandel-Parfait, ein kulinarisches Must auf der Insel. Und dass es uns hier so ausgesprochen gut schmeckt, wundert uns dann noch weniger, als wir herausfinden, dass wir in einem Slow Food Lokal gelandet sind (Ristorante Pizzeria Bar Cycas, Via Di Stefano 9, 677080 Castelbuono).
Neuer Tag, neuer Ausflug: Über eine kurvenreiche und landschaftlich vermutlich sehr reizvolle Straße – wenn man denn vor lauter Nebel etwas sehen würde –, geht es von Cefalù hinauf zur Wallfahrskirche Gibilmanna, die am Hang des Pizzo Sant`Angelo auf ca. 800 Metern Höhe inmitten von Eichen- und Kastanienwäldern liegt. Am Fest Mariä Geburt, am 8. September, treffen hier Jahr für Jahr Pilgerscharen aus ganz Sizilien ein. Einst Sitz eines Benediktiner-Priorats, wurde die Kirche 1535 Kapuzinermönchen übergeben, sie errichteten das heutige Sanktuarium. Von der ehemaligen Benediktinerabtei ist heute nichts mehr zu sehen. Dieser Tage kann man in dem Klosterkomplex eine Bibliothek, ein Museum und Katakomben, in denen Reliquien aufbewahrt werden, besichtigen. Uns erinnert das Wetter an diesem Tag eher an das berühmte Londoner Waschküchen-Wetter denn an Sizilien. Und so bleibt es ein kurzer Besuch in diesem Wallfahrtsort in den Monti Madonie...
Auch wenn es ein grau-nebeliger und kühler Tag ist, an dem wir in den rund 15.000 ha großen Madonie unterwegs sind, erahnen wir den großen Reiz dieser Landschaft, die sich mitunter recht rau präsentiert. Zusammen mit den Monti Peloritani und den Monte Nebrodi bilden die Madonie quasi eine Fortsetzung des Apennin-Gebirges. Kalkstein und Dolomit dominieren diese Berge, stellenweise sind sie stark verkarstet. Im Winter sind die Berge ein beliebtes Wintersportgebiet der Palermitaner – vorausgesetzt, es ist ein schneereicher Winter. Hier befindet sich auch der zweithöchste Berg der Insel, der Pizzo Carbonaro (1979 Meter), der sich nur dem Ätna geschlagen geben muss.
Was man schon erahnt, wenn man hier unterwegs ist: Die Wälder der Monti Madonie zählen zu den artenreichsten Wäldern des Mittelmeerraums – fast 2600 Arten wachsen hier, die Artendichte ist besonders hoch. Kork- und Steineichen gedeihen neben Ulmen und teils riesigen Stechpalmen, weiters findet man hier auch noch die letzten natürlichen Vorkommen der Nebrodi-Tannen, die zwischen acht und 15 Metern hoch sind und oft als "sizilianische Tanne" bezeichnet werden.
Besonders spannend: In der Madonie wächst ungefähr die Hälfte der sizilianischen Flora und das, obwohl dieses Gebiet nur zwei Prozent der sizilianischen Gesamtfläche ausmacht. Dass die Nordhänge der Berge sehr regenreich sind, das erleben wir an diesem Tag auch hautnah. Und damit ist auch klar, warum dieses Gebiet ein so wichtiges Trinkwasserreservoir für Palermo ist. Apropos schützenswert: Ein Teil der Madonie wurde 1989 aufgrund seiner Fauna und Flora als "Parco delle Madonie" zum Naturpark erklärt und damit auch unter Schutz gestellt. Nicht zuletzt sind die Madonie auch ein vielseitiges Wandergebiet, in dem man vom Frühjahr bis zum Spätherbst gut unterwegs sein kann.
Zum Schluss gibt es noch zwei Cefalù-Tipps...
Ein besonders schöner Spaziergang beginnt am nördlichen Ufer in Cefalù, wo der Corso Ruggero auf die Via Carlo Ortolani di Bordonaro trifft. Wenn man dort in eine Seitengasse Richtung Meer abzweigt, kommt man über eine kleine Treppe zur Passegiata dietro le mura. Wer diesem kleinen Weg folgt, der gelangt zwischen Häusern und Felsen und immer in der Nähe des Meeres zur Marina. Ein wunderschöner Spaziergang, vor allem kurz vor Sonnenuntergang...
Tipp Nr. 2: Hinauf steigen auf die Rocca di Cefalù. Startpunkt ist ebenfalls der Corso Ruggero nahe der Piazza Garibaldi. Von hier führt ein steiler Treppenweg hinauf zur Rocca, auf den rund 270 Meter hohen Felsen über der Stadt. Einst lagen hier die prähistorischen und antiken Siedlungen. Es gibt hier oben einiges zu sehen, u. a. die Reste eines Tempels, eine Zisterne aus arabischer Zeit sowie das Mauerwerk aus der Zeit der Normannen. Am spektakulärsten aber der Blick hinunter auf Stadt und Meer. Wer Glück hat und klares Wetter erwischt, der kann sogar bis zu den Liparischen Inseln sehen...
Und dann heißt es auch schon Abschied nehmen von Cefalù und seinen schönen Stränden. Noch einmal präsentieren sich Meer und Himmel tiefblau, natürlich, an Abreisetagen muss das wohl immer so sein. Aber es geht weiter, zu neuen sizilianischen Abenteuern und ganz viel dolce farniente, an die Ostküste, nach Taormina. Und wer noch mehr schöne Strände Siziliens kennenlernen will, der findet hier eine gute Übersicht...
Weitere Reise-Destinationen auf Sizilien: Ostküste/Taormina I Barockstadt Noto I Noto & Siracusa I Val di Noto: Ragusa Ibla & Modica I Scicli: Besuch bei Commissario Montalbano I Tempelfieber im Valle dei Templi I Villa del Tellaro/Noto
Der guten Ordnung halber erwähnt: Dies ist ein unbeauftragter und unbezahlter Beitrag. Die Reise erfolgte zur Gänze auf eigene Kosten.
gut schlafen
Das Blau des Infinity-Pools scheint fast direkt in das Blau des Meeres überzugehen, wenn man sich im Hotel Vallegrande Nature Resort im kühlen Nass treiben lässt. Ruhig, aber nur 15 Minuten von Cefalù-Stadt enfernt, wohnt man hier oben, inmitten der Madonie.