„Na ja, ganz nett, aber ist halt nicht im Geringsten mit Barcelona zu vergleichen…“, „Großartig, unbedingt anschauen!“ – die Meinungen in meinem Bekanntenkreis gingen recht weit auseinander, wenn ich über meine Reisepläne nach Valencia erzählte. Und wie immer finde ich: Gar nicht zuviel hinhören, man sollte sich ohnehin seine eigene Meinung bilden. Mich hatte Valencia jedenfalls gleich in den ersten Minuten – ob es an der tollen Architektur, der entspannten Atmosphäre, der Freundlichkeit der Menschen lag? Wohl an der Kombination aus all dem. Und so ist dies hier durchaus eine kleine Liebeserklärung an die Stadt am Mittelmeer…
Vom Flughafen Valencia ging es sehr entspannt via U-Bahn in das trendige Stadtviertel Ruzafa, wo wir mit dem YOURS Boutique Hotel eine für uns perfekte Home Base für vier Tage in Valencia gefunden hatten. Und schon als wir unweit des Hotels aus der U-Bahn an die Oberfläche tauchten und die ersten Meter durch Ruzafa liefen, wusste ich: Das wird was mit mir und dieser Stadt... Ein Eindruck, der sich wenig später intensivierte, als wir zu Fuß Richtung Altstadt aufbrachen: Großzügige Plätze, imposante, schön renovierte Bauten, dazwischen immer wieder üppiges Grün, eine sehr lebendige Atmosphäre, entspannte Menschen. Im Altstadtzentrum, weitgehend autofrei und mit vielen Fußgängerzonen, lässt es sich in der drittgrößten Stadt Spaniens sehr entspannt flanieren.
Ein bisschen erinnert mich so manches herrschaftliche Gebäude an Madrid, aber nein, ich bin eigentlich keine Freundin von Städtevergleichen. Soll Valencia doch einfach Valencia sein – und das wird dieser Stadt durchaus gerecht. Denn sie hat so einiges zu bieten an kulturhistorischen Highlights – auch wenn es hier keine Sagrada Familia, keine Gaudi-Bauten und keinen Prado gibt. Im Gegenteil, die Stadt braucht sich nicht zu verstecken – denn mit der wunderschönen ehemaligen, im Stil der Gotik gestalteten Seidenbörse, der beeindruckenden Markthalle, der Kirche San Nicolás (die, und da haben wir es schon wieder, oft mit der Sixtinischen Kapelle in Rom verglichen wird) oder der wirklich beeindruckenden Kathedrale hat Valencia einiges zu bieten. Wie auch mit dem Museo de Bellas Artes (Museum der schönen Künste) und natürlich den beeindruckenden Jardín del Turia-Gärten, in denen sich u. a. die architektonisch beeindruckende Ciudad de las Artes y las Ciencias (Stadt der Künste und Wissenschaften) befindet. Dieser Beitrag nimmt mit auf Spaziergänge und eine Radtour durch die Stadt…
Vorbei am am Estació del Nord, dem Hauptbahnhof, der mit seinen bunten Glasflächen und unterschiedlichsten Keramikdekorationen vermutlich eines der schönsten Beispiele für den Valencianischen Modernismus ist, und der Stierkampfarena (Plaza del Toros) geht es Richtung Rathausplatz (Placa de l`Ajuntament). Beeindruckend die Gebäude, die ihn flankieren – darunter das Rathaus, die Hauptpost und zahlreiche Hotels. Allesamt wurden sie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts errichtet und beeindrucken mit ihren prächtigen Fassaden. Und, was mein Herz gleich noch höherschlagen lässt: Auf diesem Platz befinden sich auch zahlreiche hübsche Blumenläden. Imposant auch die Hauptpost (Correos), die ihrem eigentlichen Namen „Palacio de Comunicaciónes“ wirklich gerecht wird. Denn was für ein Palast ist dieses Gebäude. Nicht zu übersehen der Metallturm auf dem Dach, der einst der Funkturm war – mittlerweile aber längst nur mehr Dekoration ist. Wie Post früher vorwiegend transportiert wurde, lässt sich an zwei Skulpturen unterhalb des Turms ablesen: Da sind ein Schiff und eine Lokomotive dargestellt. Auf jeden Fall lohnt sich auch ein kurzer Blick ins Innere: Im Eingangsbereich stößt man gleich auf historische Briefkästen.
Uns treibt es weiter Richtung Mercat Central: Auch er ist ein beeindruckendes Beispiel für den Modernismus à la Valencia; aufgeteilt in zwei Bereiche, die eigentliche Markthalle mit einer wunderschönen Kuppel, und den Fischmarkt. 1914 wurde der Grundstein für die Markthalle gelegt, dann dauerte es ein wenig, genauer gesagt 14 Jahre. Mehr als 8.000 Quadratmeter Fläche, rund 260 Stände, man ahnt schon, dass hier ordentlich was los ist, bevor man ihn noch betritt. Montag bis Samstags geht es geschäftig zu, ab 7:30 Uhr – Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch, hier bekommt man so ziemlich alles, was das kulinarische Herz begehrt (bis 15:30 Uhr). Und darüber hinaus gibt es an einigen Ständen Tapas und Snacks zum Mitnehmen, deren Zahl hält sich jedoch in Grenzen – gut so, denn schließlich ist dies hier eine Markthalle und soll es auch bleiben.
Kaufen will man hier am liebsten alles und wir bedauern es kurz, dass wir für diese Tage kein Ferien-Apartment gemietet haben, denn dann hätten wir bereits eine volle Tasche für ein wunderbares Abendessen. Übrigens, das Maskottchen des Markts findet man ganz oben auf dem Dach: einen grünen Papagei. Es soll eine Anspielung auf die Marktfrauen sein, die angeblich genauso viel kommunizieren und plappern wie ein Papagei. (www.mercadocentralevalencia.es)
Gleich gegenüber der Markthalle befindet sich ein weiteres großes Highlight der Stadt: Die Seidenbörse (Llotja de la Seda). Und beinahe hätten wir den heutigen Eingang übersehen, liegt er doch an der Hinterseite des Gebäudes. (Der ehemalige Haupteingang liegt am Placa del Mercat.) Dort geht es dann durch eine zauberhafte grüne Innenhof-Oase unter duftenden Orangenbäumen in das Gebäude, das zwischen 1483 und 1498 errichtet worden war.
Von außen könnte man es glatt für eine Kirche halten. Aber nein, dieses prächtige Gebäude leisteten sich die Kaufleute Valencias – und verkauften darin vor allem Seide (die Seidenindustrie war damals in Valencia stark vertreten), aber auch Holz und Öl. Im großen Verhandlungsaal mit hohen Palmen-Säulen, quasi in einem Palmen-Hain, wurde damals gehandelt – was für eine beeindruckende Verkaufsfläche, und sie muss damals noch viel beeindruckender gewesen sein, denn die Palmenstämme, also die Säulen, sollen damals mit brauner Farbe gestrichen gewesen sein, die Blätter grün. Und über all dem prangte ein nachtblauer Himmel mit goldenen Sternen. Interessantes Detail: In rund 10 Meter Höhe ist ein lateinischer Satz zu lesen, der die Händler dazu anhält, fair zu handeln. Praktischerweise befand sich auch gleich vor Ort ein Gefängnis im Turm des Gebäudes; wer also unsaubere Geschäfte betrieb, war mit der Konsequenz seines Handelns unmittelbar konfrontiert.
Einen Stock höher, im Saal des Meereskonsulats (Consolat del Mar), ging es um Streitfragen rund um das Seerecht. Gleichsam ein Vorläufer eines heutigen Handelsgerichts, beschäftigte sich das Consolat del Mar damals mit Handelskonflikten. Ein Besuch des Saals mit der prächtigen getäfelten und vergoldeten Holzdecke und schönen Böden lohnt sich jedenfalls.
Lohnenswert auch die Seidenbörse außen zu umrunden: Es gibt einiges zu entdecken an den Fassaden, darunter recht drastische Darstellungen von Sünden, die man laut den Erschaffern keinesfalls begehen sollte.
Im Laufe der Geschichte war die Seidenbörse dann einer wechselnden Nutzung ausgesetzt: Militärkaserne, Pestspital und dann sogar eine Zeit lang provisorischer Regierungssitz der republikanischen Regierung, die vor Diktator Franco aus der Hauptstadt Madrid geflohen war. Heute gilt die Seidenbörse als eines der bedeutendsten Gebäude der profanen Gotik in Europa. Kein Wunder also, dass sie seit 1996 als Weltkulturerbe unter dem Schutz der UNESCO steht.
Valencia von oben – dafür gibt es unterschiedliche Optionen. Da bieten sich der Torres de Quart, die Porta dels Serrans oder der Turm der Kathedrale (Micalet) an. Weil wir uns bei letzterem zu lange anstellen hätten müssen, fiel unsere Wahl auf die Porta dels Serrans, ein mächtiges ehemaliges Stadttor am nördlichen Rand der Altstadt und nahe dem Turia-Park gelegen. Weil ich es besonders schön finde die Stadt von oben zu sehen, wenn man schon ein wenig in ihr unterwegs war und sich daher von oben ein wenig besser orientieren kann, haben wir erst am dritten Tag die Porta dels Serrans erklommen. Nicht nur hat man einen schönen Ausblick von da oben auf die Altstadt als auch auf den Turia-Park, auch das Bauwerk selbst ist beeindruckend.
Ende des 14. Jahrhunderts als eines der Haupttore der mittelalterlichen Stadtmauer – im Stil der valencianischen Gotik – errichtet, diente das Gebäude später (zwischen dem 16. und 19. Jhdt.) als Gefängnis. Na ja, mächtig genug waren die Mauern ja, um so manchen Ausbruch zu verhindern, allzu gemütlich ist es darin aber wohl nicht zugegangen. Aufgrund der nicht gerade Insassen-freundlichen Bedingungen wurde das Gefängnis nach vielen Protesten 1888 dann auch geschlossen.
Als 1865 die mittelalterliche Stadtmauer abgetragen wurde, bedeutete dies auch für das Tor eine bauliche Veränderung: Denn das hintere Mauerwerk, zur Stadt zeigend, wurde dabei entfernt. Heute kann man zu den Plattformen der beiden je 33 Meter hohen, fünfeckigen Türme über recht steile Treppen hinaufsteigen; möglich ist dies, weil die Türme nie in militärischen Auseinandersetzungen beschädigt wurden und deswegen bis heute sehr gut erhalten sind. Neben diesem Tor ist übrigens nur noch das Stadttor Torres de Quart erhalten geblieben – von den einst insgesamt 12 Stadttoren. Apropos, der Auftakt der Fallas, das valencianische Frühlingsfest, das jedes Jahr zum Joseftag im März gefeiert wird, wird bis heute traditionell vor den Türmen begangen.
Hier geht es zu Teil 2 der Valencia-Reportage: Von Kirchen & Museen.
Was darf hier nicht fehlen? Ein Hotel-Tipp! Unsere Empfehlung: Das elegant-relaxte YOURS Boutique Hotel im trendigen Stadtviertel Ruzafa.
Gut essen in Valencia – hier gibt es ein paar persönliche Empfehlungen für Frühstück und Dinner in Ruzafa und El Cabanyal.