• Der Ritten: Sonniges Hochplateau oberhalb von Bozen
    Südtirol I Italien

Juni 2024

Der Ritten und seine Ortschaften – bis Juni 2024 noch ein komplett weißer Fleck
auf meiner persönlichen Südtirol-Karte. Höchste Zeit, dies zu ändern und das sonnige Hochplateau
oberhalb von Bozen ausgiebig zu erkunden...

Zuerst ein paar geografische Verortungen: Der Ritten (Renon auf italienisch) ist ein Südtiroler Bergrücken, den ich bisher immer nur aus der Entfernung kannte. Nämlich aus der Perspektive von Völs am Schlern, das, ungeografisch gesprochen, genau auf der gegenüberliegenden Seite oberhalb des Eisacktals und, wie der Name schon sagt, im Schlerngebiet liegt, am Fuße des Schlerns, der aufgrund seines charakteristischen Aussehens als steinernes Wahrzeichen Südtirols gilt. Hier habe ich seit meiner Kindheit viele Sommerwochen verbracht und hatte dabei – ohne es über lange Zeit zu wissen – den Bergrücken des Ritten immer fest im Blick. Während er im Westen vom Sarntal begrenzt wird, schließt im Osten das Eisacktal an und im Süden fällt der Ritten steil zum Bozner Talkessel ab. Apropos, als Homebase für unsere Erkundungen haben wir uns Lengstein am Ritten ausgesucht, hier beziehen wir auf dem schönen Obsthof Rotwandter Hof  eine Ferienwohnung mit grandiosem Ausblick auf den Schlern als auch das Eisacktal. Bestens gelegen, um den Ritten näher zu erkunden.

In diesem Beitrag gibt es Tipps für eine Wanderung auf das Rittner Horn, den Sommerfrische-Ort Oberbozen, für einen Besuch der beeindruckenden Erdpyramiden sowie Kunst- und Kultur-Empfehlungen.

Wandern mit Weitblick am Rittner Horn
Im Norden wird der Ritten vom Rittner Horn überragt – das wir auch gleich mal erwandern: Von Pemmern oberhalb von Klobenstein ist man zu Fuß rund vier Stunden unterwegs zum Rittner Horn. Wer es etwas gemütlicher anlegen will, nimmt die Gondelbahn (mit der Ritten Card, die man in vielen Hotels bzw. Übernachtungsbetrieben etc. erhält, kann die Gondelfahrt kostenlos absolviert werden). In den Gondeln schwebt man hinauf zur Schwarzseespitze (2070 Meter), von wo es gemütlich in rund 60 Gehminuten hinauf zum Rittner Horn geht, vorbei an zufrieden grasenden Schafen und augenscheinlich glücklich in der Erde wühlenden Schweinen.

Wir erwischen für unsere Wanderung einen ausgesprochen stürmischen Juni-Tag, oben angekommen, müssen wir kräftig gegen den Wind ankämpfen. Genießen dann aber dennoch den weiten Ausblick: Bei gutem Wetter kann man vom Rittner Horn bis zum Peitlerkofel, zu den Geislerspitzen, auf Schlern, Rosengarten und Latemar und bis zum Schwarz- und Weißhorn blicken. Zurück ins Tal nach Pemmern geht es dann vorbei an vielen tierischen Almbewohnern: an gemütlich auf den Almwiesen liegenden und wiederkäuenden Kühen (die ich, keine Angst, aus gebührender Distanz mit einem starken Kameraobjektiv fotografiert habe), stolzen, blonden Haflingern und äußerst nähebedürftigen Eseln.

Was nicht jeder weiß: Auch der Ritten ist mit rund 300 Kilometern unterschiedlichster Wanderwege ein gut erschlossenes Wandergebiet. Wanderungen in diesem Gebiet führen sehr abwechslungsreich mit viel Panoramablick über Almen und Wiesen, durch Wälder aber auch Weinberge. (Was mir schnell positiv aufgefallen ist: Hier ist um einiges weniger los als z. B. im bekannten und wunderschönen, aber mittlerweile auch sehr stark frequentierten Seiser Alm-Wandergebiet.)

Oberbozen: Sommerfrische-Ort mit Flair und Ausblick auf Bozen
Der kleine Ort am Ritten oberhalb von Bozen gilt seit jeher als Sommerfrischeort, an den sich die Bozner:innen immer schon gerne zurückgezogen haben, wenn es unten im Talkessel zu heiß wurde. Bereits beginnend mit dem 17. Jahrhundert wurden hier von reichen Bozener Kaufleuten als auch Adeligen zahlreiche schöne Sommerfrische-Villen errichtet, in denen dann zwei Monate oder länger „übersommert“ wurde, bei meist wesentlich angenehmeren und frischeren Temperaturen als unten in der Stadt. Auch prominente Persönlichkeiten zog der Ritten an, darunter Sigmund Freud und Franz Kafka, sie haben die Sommerfrische auf dem Berg auch genutzt, um zu schreiben. Ist man früher mit einer Zahnradbahn heraufgekommen, so schwebt man heute superentspannt mit einer Seilbahn hinauf auf den Ritten. Ein Spaziergang durch Oberbozen lohnt also, vor allem in der Ansiedlung Maria Himmelfahrt gibt es viele hübsche Villen, teils im alpinen Jugendstil, zu sehen. Am besten nimmt man sich ein wenig Zeit um einen größeren Spaziergang zu machen und die Villen und deren üppig blühende Gärten zu bewundern.

Noch ein Tipp zu Oberbozen: Kunstgeschichte-Interessierte sollten in der hübschen kleinen Kapelle Maria Schnee vorbeischauen. Ursprünglich fungierte das barocke kleine Gotteshaus als Privatkapelle des angrenzenden Sommerfrischehauses – was man auch an dem im Obergeschoss befindlichen Oratorium, einer Empore mit Blick in den Altarraum, erkennt. 1727 steht am Chorbogen und das dürfte das Jahr der Errichtung sein. Ca. 1866 wurde die Hauskapelle vom Sommerfrische-Anwesen getrennt und der Gemeinde sowie der Pfarrei Maria Himmelfahrt in Oberbozen überlassen.

Von der Wallfahrtskirche Maria Saal zu den Erdpyramiden im Finsterbachgraben
Sie ziehen viele Besucher:innen an, die Erdpyramiden am Ritten. Kein Wunder, sind sie doch wirklich ein Naturwunder und ziemlich faszinierend, diese schlanken hohen, kegelförmig aufgeschüttetem Türme aus Lehm mit einer Höhe von bis zu 15 Metern, auf deren Spitze dann auch noch ein (Deck-)Stein balanciert. An gleich drei Stellen findet man diese Erdpyramiden am Ritten: Im Katzenbachgraben unterhalb von Oberbozen, im Gastergraben in Unterinn und im Finsterbachgraben auf dem Weg von der Wallfahrtskirche Maria Saal nach Lengmoos. Letzeres kann man mit einem netten Spaziergang verbinden, der bei der Wallfahrtskirche (in Mittelberg) startet, die zumeist Ziel von klassischen Bauernwallfahrten ist. Von außen eher unauffällig, wartet dann im hübschen Inneren ein ganz besonderes und überraschendes Detail auf die Besucher:innen: die farbenfrohe, sogenannte Regenschirm-Madonna am Triumphbogen (von Alexander Dejaco, 1924).

Wer will, kann am Parkplatz nahe der Kirche Maria Saal (in Mittelberg) sein Auto stehen lassen und von hier zu den Pyramiden im Finsterbachgraben spazieren; der Weg, zuerst entlang der Straße, dann an einem üppig blühenden Garten vorbei, ist gut ausgeschildert. Recht steil geht es bergab, über eine überdachte Brücke über den Finsterbach zu einem Aussichtspunkt, von dem man einen besonders guten Ausblick auf die Erdpyramiden hat: Vor rund 10.000 Jahre sind diese entstanden, gegen Ende der letzten Eiszeit. Eine Zeitspanne, die man sich nur schwer begreiflich machen kann – und umso beeindruckender, dass diese Lehmkegel hier unverändert in die Höhe ragen. Spannend auch ihre Entstehungsgeschichte, zu der man hier nachlesen kann. Und wer sich schon mal gefragt hat, ob solche Erdpyramiden ewig stehen? Nein. Wenn der auf der Spitze liegende Deckstein herunterfällt, ist es vorbei mit der Erdpyramide. Dann ist sie nämlich gänzlich schutzlos der Witterung ausgesetzt und schrumpft mit jedem Regen. Aber: Verschwindet ein Erdkegel auf diese Art und Weise, entsteht an anderer Stelle, z. B. weiter oben am Hang auch schon die nächste Pyramide.

Von Kirchen, Fresken und (Kunst-)Geschichte…
Auch Kunstgeschichte-Interessierte werden am Ritten fündig: Z. B. im kleinen Dorf Lengmoos, nahe Klobenstein, dem Hauptort am Ritten. Anziehungspunkt für Kulturinteressierte ist hier vor allem die Kommende – einst als Hospiz erbaut und dann vom Deutschen Orden übernommen –, in der regelmäßig Ausstellungen, Konzerte und die „Rittner Sommerspiele“ stattfinden. (Besichtigt werden kann die Kommende auch abseits von Veranstaltungen, von Mai bis Oktober, jeweils Mittwoch und Freitag von 16:00 – 18:00 Uhr.)

Sehenswert auch die einschiffige kleine Kirche mit seitlichem quadratischem Glockenturm, die Maria Himmelfahrt geweiht ist. Innen dann schöne Spitzbogenfenster im Langhaus und Chor sowie ein beeindruckendes Netzrippengewölbe. Weiters sehenswert sind die Freskenreste aus dem 14. Jahrhundert unterhalb der Empore. Wer ein wenig Zeit hat, sollte sich auch die hübschen Grabsteine mit interessanten Inschriften an der (vom Hauptportal aus gesehen) rechten Außenwand der Kirchen ansehen. Tipp am Rande: Unbedingt auch am Teich mit den wunderschönen, vermutlich tausenden Seerosen vorbei spazieren (dieser liegt direkt an der Straße, die durch Lengmoos führt).

Am Fenster der St. Nikolaus Kirche in Mittelberg (am Sattel von Lengstein nach Lengmoos) drücken wir uns die Nase platt um etwas von den schönen Fresken im Inneren zu erspähen: Denn im gotischen Chor ist der spätgotische Freskenschmuck aus der Werkstatt Leonhards von Brixen – zumindest fragmentarisch – erhalten geblieben. Betreten konnten wir die Kirche, die 1289 erstmals urkundlich erwähnt wurde, leider nicht, dafür muss man sich beim Tourismusverein Ritten anmelden (woraufhin die Kirche für gewöhnlich an Montag-Vormittagen zur Besichtigung geöffnet wird). Den schönsten Ausblick auf diese Kirche mit dem Zwiebelturm hat man übrigens von etwas weiter oben, z. B. nahe der (zuvor genannten) Wallfahrtskirche Maria Saal. 

Eigentlich ist sie nicht mehr am Ritten, sondern in der benachbarten Eisacktal-Gemeinde Barbian gelegen, aber ein Stopp lohnt sich bei dieser Kirche allemal: Der erste Versuch die Kirche St. Ingenuin und Albuin in Saubach zu besichtigen schlug allerdings fehl. Fest verschlossen war das Kirchentor und ich hatte keine Ahnung, wie ich dieses Hindernis überwinden sollte. Beim zweiten Versuch, als wir zufällig am Rückweg von dem im Tal gelegenen Klausen an der Kirche vorbeikamen, war uns das Glück dann hold: Sperrrangelweit offen die Kirchentür, weil gerade Arbeiten im Kircheninneren durchgeführt wurden. Und der Besuch der 1398 erstmals urkundlich erwähnten Kirche hat sich gelohnt. Die heutige Kirche, die im Stil der Gotik im 15. Jahrhundert erbaut wurde, überzeugt mit einem schönen Spitzbogenportal, einem beeindruckenden Netzgewölbe sowie drei schön gestalteten Flügelaltären. (Wer beim Besuch der Kirche anders als wir nicht auf den Zufall setzen will: Einen Kirchenschlüssel gibt es im Tschörlerhof (vormittags) und im nahen Gasthof Saubacherhof (nachmittags) oder nach telefonischer Vereinbarung im Infobüro Barbian.)

Zum Abschluss noch ein paar weitere Tipps:

ABKÜHLUNG IM NATURBADESEE
Wer sich zwischen sommerlichen Wanderungen und Besichtigungen am Ritten Abkühlung verschaffen möchte, der kann dies im Wolfsgrubener Naturbadesee tun.

EIN BESUCH IN SÜDTIROLS LANDESHAUPTSTADT
Keinesfalls verabsäumen sollte man einen Ausflug in die Südtiroler Landeshauptstadt Bozen, was sich vom Ritten aus nämlich ganz entspannt bewerkstelligen lässt: Einfach in Klobenstein in der Tiefgarage Kaiserau das Auto parken, dort in die Rittner (Schmalspur-)Bahn umsteigen (dank der Ritten Card, die man in den Übernachtungsbetrieben am Ritten meist erhält, ist die Bahnfahrt gratis) und in Oberbozen ganz gemütlich in die Gondelbahn umsteigen, mit der man dann hinunter nach Bozen schwebt (ebenfalls gratis mit der Ritten Card).

GUT ESSEN lässt es sich in Südtirol ja nahezu überall, so auch am Ritten: Ein paar kulinarische Empfehlungen (auch für Bozen) gibt es in diesem Blog-Beitrag.

Apropos: Für Natur- und Kulturinteressierte lohnt sich auch ein Abstecher ins nahe EISACKTAL.

Und zuguterletzt noch ein ÜBERNACHTUNGSTIPP: Wir haben im Rotwandter Hof bei den herzlichen Gastgeber:innen Dani und Flori ein richtig entspanntes Zuhause auf Zeit gefunden. Große Empfehlung!

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Und hier gibt´s noch mehr Südtirol: 48 Stunden Sonnenbad in MeranUnterwegs im ältesten Viertel von Meran I 8 Must Sees im Südtiroler Ober-Vinschgau I Brixen: Von Elefanten, Fresken und Knödeln I Unterwegs im Eisacktal I Ein Abstecher nach Eppan

Wander-Tipps:
Vinschgauer Watlles: Die Pfaffenseen I Keine ruhige Kugel: Wanderung zur Weißkugelhütte I Langkofel Rundumadum I Von Bauernhof zu Bauernhof am Oachner Höfeweg I Rauf auf den Schlern

Gut schlafen in Südtirol: Der Rotwandter Hof in Lengstein am Ritten I Residence Villa Schlern in Völs am Schlern I Ferienhaus Andrien in Schlinig I Flurin Suites in Glurns I Miramonti Boutique Hotel in Hafling bei Meran I Hotel Heubad in Völs am Schlern

Gut essen in Südtirol: Gut essen in Völs am Schlern I Gut essen in Südtirol (Bozen, Ritten, Eppan) I Hofschank Andrien (Schlinig/Vinschgau) I Gut essen im Flurin (Glurns/Vinschgau) I Gut essen, trinken, schlafen im oberen Vinschgau

Der guten Ordnung halber erwähnt: Dies ist ein unbeauftragter und unbezahlter Blog-Beitrag. Die Kosten für diese Reise wurden zur Gänze selbst getragen.

gut schlafen

FERIEN-APARTMENTS

Ausprobiert und für wunderbar befunden: Die schönen neuen Apartments am Obsthof Rotwandter Hof bei Lengstein am Ritten. Großartiger Ausblick, herzliche Gastgeber:innen, große Empfehlung!

HOTELS

Toller Ausblick, sensationeller Rooftop-Pool und großartige Küche: Wer in schöner Boutiquehotel-Atmosphäre oberhalb von Bozen wohnen will, ist im Gloriette Guesthouse sicherlich gut aufgehoben. Das dazugehörige Restaurant Puro können wir jedenfalls wärmstens empfehlen.

Definitiv ein Traumziel: Das 4-Stern-Hotel Tann bei Klobenstein am Ritten. Mit atemberaubendem Bergblick, Panoramapool und offensichtlich noch viel mehr.